Historische Gerechtigkeit auf dem Rechtsweg? Walter Schwarz und die Zeitschrift Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht (1949–1981)*

[Historical Justice Through Legal Action? Walter Schwarz and the Journal Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht [Jurisdiction on the Right to Reparations] (1949–1981)]

Daniel Siemens Newcastle University daniel.siemens@newcastle.ac.uk

»Eine Fülle von z[um] T[eil] unvermeidbaren Umständen hat dazu geführt, daß die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts sich zu einem besonderen, leider teilweise außerordentlich komplizierten Rechtsgebiet entwickelt hat. Die Rechtsprechung zur Wiedergutmachung stellte einen unentbehrlichen Wegweiser durch das dichte Gestrüpp, das Gesetzgebung und Rechtsprechung hatten anwachsen lassen. Aber sie wuchs über diese Aufgabe hinaus: sie wurde zum Kritiker am Recht und an den Juristen.«1

Zu diesem positiven Urteil kam im Jahr 1970 der in London lebende deutsch-jüdisch-britische Jurist (Prof. Dr.) Ernst Joseph Cohn (1904–1976).2 Cohn war selbst ein langjähriger Mitarbeiter der Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht – im Juristendeutsch kurz RzW genannt. Diese von 1949 bis 1981 erscheinende Publikation war die einzige Fachzeitschrift in deutscher Sprache, die sich auf Restitutions- und Entschädigungsfragen spezialisiert hatte. Sie erschien erstmals im November 1949, also nur wenige Wochen nach Gründung der Bundesrepublik, und von da an monatlich im Verlag C.H.Beck. Zunächst war sie ausschließlich eine allenfalls knapp kommentierende Urteilssammlung, die als Beilage der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) erschien. Das änderte sich 1957, als der Rechtsanwalt Dr. Walter Schwarz die Leitung der Zeitschrift übernahm und nicht nur kommentierende Aufsätze einführte, sondern auch selbst unter Pseudonym insgesamt ca. 130 Glossen verfasste, von denen eine Auswahl 1969 auch als Buch erschien.3 Zum Jahresende 1981 wurde die Zeitschrift eingestellt, nachdem sie die letzten Jahre zuvor nur noch zweimonatlich und später sogar nur noch vierteljährlich erschienen war.

Die RzW war seinerzeit für die mit der deutschen Wiedergutmachung befassten Juristen als praktisches Nachschlagewerk unentbehrlich, heute ist sie vergessen. Selbst juristische Fachbibliotheken sondern mitunter alle 32 Jahrgänge aus – ein sicheres Indiz dafür, dass sich die Wiedergutmachung nicht nur in praktischer Hinsicht, sondern auch als theoretisches Feld der deutschen Rechtswissenschaft erledigt hat. Die zur Geschichte der Wiedergutmachung forschenden Zeithistoriker zitieren zwar ab und an aus dort abgedruckten Urteilen, weitergehende Informationen über diese Zeitschrift, ihre Entstehung, Finanzierung und den langjährigen Chefredakteur Schwarz findet man allerdings nur mühsam und auch dann nur bruchstückhaft. Die Annahme von 1981, die RzW werde auch in Zukunft eine »unerschöpfliche Quelle zeithistorischer Forschung« bleiben, hat sich nicht erfüllt.4 Bekannt ist, dass die Zeitschrift zunächst von öffentlichen Stellen und durch Abonnements finanziert wurde, aber spätestens seit 1962 auf Zuschüsse jüdischer Rechtsschutzorganisationen wie der United Restitution Organisation (URO) angewiesen war.5 Dass einige Autoren der RzW die Zeitschrift als eine Art »Interessen|organ eines Verfolgtenverbandes« ansahen, wie der langjährige Mitarbeiter der RzW, der Berliner Jurist und Wiedergutmachungsexperte Walter Brunn meinte, zeigt, dass dieser Einfluss nicht völlig unbemerkt blieb. Brunn jedenfalls hätte sich rückblickend manche Beiträge »weniger emphatisch und emotionsloser gewünscht«.6 Will man diskutieren, welche Bedeutung der RzW für die Geschichte der deutschen Wiedergutmachung zukommt, so ist man vor allem auf die Aussagen von Juristen angewiesen, die diese Zeitschrift beruflich genutzt haben, jedenfalls so lange sich keine näheren Angaben zu Auflage, eventuellen Leserzuschriften und redaktionsinternem Schriftverkehr auffinden lassen.7 Die wenigen veröffentlichten Aussagen zur RzW aus Juristenkreisen stammten ganz überwiegend von Personen, die selbst für die Zeitschrift geschrieben haben; dass sie deren Bedeutung tendenziell hoch einschätzten, kann daher kaum überraschen.

Als die RzW 1949 gegründet wurde, gab sie sich – anders als es das spätere Urteil Cohns nahelegt – dezidiert unpolitisch. Die Zeitschrift, die »unter Mitwirkung der obersten für die Wiedergutmachung zuständigen Stellen aller Länder der Bundesrepublik Deutschland und des Magistrats Berlin« erschien, solle, so hieß es im programmatischen Geleitwort der ersten Ausgabe, »zum besseren Verständnis der schwierigen Materie [des Wiedergutmachungsrechts, D.S.], zur Förderung einer unvoreingenommenen Meinungsbildung und zu einer gewissen Vereinheitlichung der Rechtsprechung beitragen.« Sie habe »keinen amtlichen Charakter« und diene »keiner Tendenzen irgendwelcher Art«, sondern verfolge »die rein wissenschaftliche Aufgabe einer objektiven Berichterstattung über die Entwicklung der Rechtsprechung auf dem für das deutsche Rechtsleben der nächsten Jahre besonders bedeutsamen Gebiet der zivilrechtlichen Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts.«8 Das klingt zunächst nicht nur fachjuristisch, sondern auch defensiv und lädt nicht gerade zu einer geschichtswissenschaftlichen Annäherung ein, die sich dafür interessiert, wie die für‍‍‍ die Zeitschrift arbeitenden Juristen die Politik, die Rechtsprechung und die Verwaltungspraxis der‍‍‍ sich in diesen Jahrzehnten herausbildenden deutschen Wiedergutmachung reflektierten, die nach § 1 Abs. 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) allen denjenigen zu Gute kommen sollte, die »aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden« sind »und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen« sowie in ihrem beruflichen oder wirtschaftlichen Fortkommen erlitten haben.

Die anfänglich defensive Haltung der RzW wird allerdings besser verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass im Jahr ihres erstmaligen Erscheinens laut einer Befragung des Institut für Demoskopie Allensbach nur jeder zweite Deutsche der Aussage zustimmte, dass »Deutschland gegenüber den noch lebenden deutschen Juden die Pflicht zur Wiedergutmachung« habe, und dass dieser Anteil bereits zwei Jahre später auf nur noch ein Drittel der Befragten sank.9 Nach möglichen Entschädigungszahlungen für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, die außerhalb Deutschlands gelebt hatten – also die übergroße Mehrheit‍‍‍ –, war von den Meinungsforschern noch nicht einmal gefragt worden. Die Wiedergutmachung war in der jungen Bundesrepublik unpopulär, und sie blieb es auch; wer sich auf dieses schwierige Rechtsgebiet einließ, konnte nur bedingt auf öffentliche Resonanz oder gar Anerkennung hoffen. Bitter bilanzierte Herausgeber Walter Schwarz in der letzten Ausgabe der RzW von 1981:

»Wir hatten uns zu keinem Zeitpunkt über zuviel Resonanz von Seiten unserer Leser zu beklagen. Im Gegenteil: wir hatten zu wenig davon. Wir arbeiteten in einem luftleeren Raum. Vielleicht haben wir deshalb Fehler gemacht, die sonst hätten korrigiert werden können. Wir haben mehrere Male unseren Leserkreis angesprochen. Die Reaktion war Null.«10 |

Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, sich genauer mit der RzW und ihrem Blick auf die deutsche Wiedergutmachung zu beschäftigen. Ich gehe dabei in drei Schritten vor: Erstens stelle ich in der gebotenen Kürze eine Grundüberlegung zur Systemtheorie des Rechts von Niklas Luhmann vor, die er zuerst in seinem Buch Legitimation durch Verfahren entwickelt hat. Sie bietet ein analytisches Instrumentarium an, um die kritische Begleitung der deutschen Wiedergutmachung in der RzW methodisch reflektiert zu untersuchen. Daran anschließend werde ich, zweitens, ausgewählte Glossen von Walter Schwarz in der RzW in den Blick nehmen, um die Möglichkeiten und Grenzen der fachjuristischen Kritik an der deutschen Wiedergutmachung empirisch genauer zu bestimmen. Abschließend werde ich, drittens, den Beitrag und Einfluss der RzW auf den politischen Diskurs und die rechtliche und administrative Praxis der deutschen Wiedergutmachung in den ersten drei Nachkriegsjahrzehnten knapp einordnen. An dieser Stelle kann kaum mehr als eine erste Annährung an das Thema geleistet werden, in der Hoffnung, so den Weg für künftige umfassende Untersuchungen zu bereiten.

1. Wer sich für die Grenzen des Rechts und der Rechtskritik interessiert, der kommt um die grundsätzlichen Überlegungen des Soziologen Niklas Luhmann zur Legitimation von Verfahren kaum herum. In seinem gleichnamigen Buch von 1969 argumentierte Luhmann, dass »durch Beteiligung am Zeremoniell des Verfahrens und an der laufenden Bestätigung der Entscheidungsprämissen und -kompetenzen« den Betroffenen »nach und nach immer mehr Möglichkeiten der Kritik abgeschnitten und andere in bestimmte Bahnen gelenkt« werden. Dies gelte allerdings mit einer Einschränkung. »Eine solche Zügelung der Kritik durch Betroffene«, so Luhmann, sei

»nur erreichbar, wenn sie in Einklang gebracht wird mit den Formen, in denen die Entscheidung sonst kritisiert werden kann, vor allem also mit den Formen der Verantwortlichkeit im hierarchischen Aufbau der Entscheidungsorganisation und in der Öffentlichkeit. Wäre nämlich die hierarchische oder die öffentliche Kritik schrankenlos freigegeben, fänden die Betroffenen immer neuen Anlaß, ihre Unzufriedenheit in allen Hinsichten wachzuhalten, zu schüren und in den weiteren Entscheidungsgang hineinzublasen.«11

Nach Luhmann gibt es zwei Grundtypen für die »Programmierung von Entscheidungen«, das heißt für die Festlegung von Verfahren, nach denen in Organisationen oder politischen Systemen Entscheidungen getroffen werden. Er nennt sie Zweckprogrammierung und konditionale Programmierung. Zweckprogrammen gehe es, wie der Name schon nahelegt, um die angestrebte Wirkung; sie können daher »immer angegriffen werden, wenn die bezweckten Folgen später nicht eintreffen (also ungeeignete Mittel gewählt werden)«.12 Konditionale Programme seien dagegen »Wenn-Dann«-Programme. Die Folgen, so Luhmann, werden hier

»von dem Entscheidenden nicht mit verantwortet, sondern dem angelastet, der das Programm erließ […]. Beim konditional programmierten Entscheiden geht es nur noch um den Nachweis, daß ein bestimmter Tatbestand faktisch vorliegt und daß es sich dabei um jenes Signal handelt, das nach dem Programm die Entscheidung auslösen sollte. Zum Entscheiden genügt juristischer Sachverstand, der sich nach Bedarf durch Zeugen und Sachverständige informieren läßt, die Entscheidung aber allein verantwortet. Auf diese Weise kann die Entscheidung gegen zahlreiche Möglichkeiten der Kritik praktisch immunisiert werden, vor allem (1) gegen eine Kritik der Person, (2) gegen eine Kritik des Verfahrens, (3) gegen eine Kritik des fachlichen (nichtjuristischen) Sachverstandes und vor allem (4) gegen eine Kritik der Auswirkungen (im Unterschied zu den rein juristischen Konsequenzen).«13

Legt man diese Unterscheidung zu Grunde, so gibt es zwei Möglichkeiten, wie Beteiligte – Richter, Rechtsanwälte und Fachpolitiker – Kritik an der deutschen Wiedergutmachung in der juristischen Praxis üben konnten, um im Rechtssystem |Gehör zu finden – anders gesagt: um sich überhaupt die Möglichkeit offen zu halten, dass ihre Kritik aufgenommen und produktiv verarbeitet werden konnte. Man konnte entweder die Zweckprogrammierung angreifen mit dem Hinweis darauf, dass die beabsichtigten Wirkungen nicht einträfen; wenn also beispielsweise bei der Entschädigungsgesetzgebung durch handwerkliche Fehler eine große Anzahl der eigentlich Entschädigungsberechtigten keine Leistungen erhalten konnten. Oder man konnte die konditionale Programmierung kritisieren, etwa wenn Gesetze von Verwaltung und Rechtsprechung sachlich fehlerhaft ausgelegt oder angewandt wurden.

Wendet man diese Unterscheidung nun auf die Arbeit der RzW an, so ist festzustellen, dass zunächst ausschließlich die konditionale Programmierung der Wiedergutmachung Anlass zum Kommentar gab. Zentrale Begriffe des neuen Rechtsgebiets mussten erklärt und definiert werden und wichtige, das Recht setzende Entscheidungen kommuniziert werden, um das Rechtsleben insgesamt zu verbessern. Dies sollte – wie im Geleitwort der RzW von 1949 dezidiert festgelegt – »unpolitisch« geschehen, also ohne Berücksichtigung der Zweckprogrammierung der Wiedergutmachung. Man habe die Zeitschrift »systematisch und ausnahmslos aus der Politik herausgehalten«, schrieb Herausgeber Schwarz noch 1981, denn »die Politik gehört in das Parlament und nicht in eine berichtende Zeitschrift«.14

Diese Grundsatzentscheidung hatte den Vorteil, dass das Rechtssystem nur bestimmte, lokal begrenzte Aspekte möglicher Kritik überhaupt zur Kenntnis nehmen musste, während bei weiterreichender, grundsätzlicherer Kritik an der deutschen Wiedergutmachung an die Entscheider – also hier vor allem an den Gesetzgeber – verwiesen werden konnte. Typisch für die sehr spärliche Kommentierung in den frühen Jahrgängen der RzW ist etwa eine »Anmerkung« des Stuttgarter Rechtsanwalts Otto Küster zu einer Entscheidung des Landgerichts Berlin, in der es um Entschädigung für die nationalsozialistische Beschlagnahmung eines Vermögens ging, aus dem der Antragstellerin bis 1940 eine monatliche Rente gezahlt worden war. Küster bestätigte in seinem Kommentar, dass das fragliche Urteil (keine Entschädigung) dem geltenden Recht im Ergebnis entspreche, ohne sich mit möglichen Fragen nach der Angemessenheit der gesetzlichen Vorlagen auseinanderzusetzen. Zugleich aber gab er den Lesern Hinweise, wie man auf alternativen juristischen Wegen in einem solchen Fall doch noch zu einer Rentenzahlung für die Mandanten gelangen könne.15 Es ging ihm – und das lässt sich für die gesamte Zeitschrift verallgemeinern – um Gerechtigkeit, die auf dem Rechtsweg erreicht werden sollte.

2. Diese Praxis änderte sich bei der RzW im Jahr 1957, als mit Walter Schwarz ein erfahrener Praktiker der Wiedergutmachung die Schriftleitung übernahm. Der gebürtige Berliner hatte in den 1920er Jahren in einem Rechtsbüro für Kriegsgeschädigte gearbeitet, wo er früh eine der späteren Wiedergutmachung »eng verwandte Rechtsmaterie« kennenlernte.16 1933 drängten die Nationalsozialisten den jungen Anwalt aus dem Beruf. 1938 flüchtete Schwarz nach Palästina, wo er unter anderem mit Siegfried Moses zusammenarbeitete, der ein Jahr früher aus Deutschland gekommen war. Der Zionist Moses war zunächst im Rahmen des Ha’avara-Abkommens tätig, das die Ausreise deutscher Juden aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Palästina erleichtern sollte, sowie als Wirtschaftsprüfer und Einkommenssteuerexperte. 1944 veröffentlichte er mit dem Buch Die‍‍‍ jüdischen Nachkriegsforderungen eine der ersten Studien, die den Anspruch an das Deutsche Reich auf Entschädigungszahlungen für die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden systematisch entwickelte.17 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Moses der erste Staatskontrolleur Israels und Präsident des Leo Baeck Instituts in Jerusalem sowie des Irgun Olei Merkaz Europa, des Verbands der jüdischen Einwanderer aus Mitteleuropa.18 Schwarz, der sich in Palästina als Jurist schwergetan und im Zweiten Weltkrieg vier Jahre als Soldat bei der Royal Air Force gedient hatte, kehrte hingegen 1950 als israelischer Staatsbürger nach Deutschland zurück. Er arbeitete in der Bundesrepublik zunächst für die Jewish Agency for Palestine in München, eher er zwei Jahre später in West-|Berlin eine eigene, erfolgreiche Anwaltspraxis eröffnete.19

Bei der RzW führte Schwarz zwei wichtige Neuerungen ein. Von nun an erschienen nicht mehr nur gekürzte und kommentierte Urteilsbegründungen, sondern es wurden in der neuen Rubrik »Forum« auch programmatische Aufsätze zu Einzelproblemen der Wiedergutmachungspraxis abgedruckt. Die Zeitschrift wollte sich nicht mehr nur Rechtsfragen im engeren Sinne widmen, sondern, wie Schwarz programmatisch formulierte, »allen Fragen offenstehen, die im Zusammenhang mit der Wiedergutmachung eine Antwort erfordern«. Dazu sollten etwa »Fragen der Versorgungsmedizin auf dem Gebiet der Gesundheitsschäden« gehören, aber auch die – so Schwarz – »vielfach noch unbekannten, dokumentierten oder dokumentierbaren Tatbestände des nationalsozialistischen Unrechts außerhalb Deutschlands. Ihre Publizierung mit Quellen und Belegen würde die Arbeit der Verwaltung und der Gerichte erheblich erleichtern.«20 Dieser Aufgabe nahm sich seinerzeit vor allem die 1948 in London gegründete United Restitution Organisation (URO) an, deren in Frankfurt am Main ansässige Forschungsabteilung zwischen 1959 und 1962 mehrere Bände mit Dokumenten über die Judenverfolgung in Europa und Nordafrika vorlegte.21 Zwischen der URO und der Schriftleitung der RzW bestand ein ständiger Austausch. Neben der finanziellen Förderung gibt dies einen weiteren Hinweis darauf, wie jüdische Rechtsschutzorganisationen versuchten, auf die deutsche Wiedergutmachungspraxis einzuwirken: Primär ging es ihnen darum, Verwaltungen und Juristen praktisch verwertbare Informationen an die Hand zu gegeben, während man öffentlich nur wenig in Erscheinung trat und vor allem die Massenmedien mied.22 Indirekt trug diese jahrelange Kooperation zur Validierung der Narrative in Entschädigungsanträgen und damit zum »entanglement of memory and bureaucracy« bei, wie die Historikerin Sheer Ganor am Beispiel der Rolle der Rechtsanwälte in Wiedergutmachungsverfahren überzeugend argumentiert hat.23

Eine weitere 1957 eingeführte Neuerung war, dass Schwarz von nun an regelmäßig Glossen veröffentlichte, die sich nicht nur äußerlich durch ihren Kursivdruck vom Rest der Texte in der RzW abhoben (ähnlich wie seinerzeit die Glosse auf der‍‍‍ Titelseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung), sondern die auch – so meine These im Anschluss an‍‍‍ Laura Petersen – ein neues Genre der justizkonformen Justizkritik begründeten.24 Auf diese Weise konnte Schwarz, anders als in den anderen Textformen der Zeitschrift, nicht nur die konditionale Programmierung, sondern auch die Zweckprogrammierung des Wiedergutmachungsrechts zum Thema machen, ohne damit die Grenzen des fachjuristisch Sagbaren zu verletzten.

Eine der ersten Glossen von Schwarz war abgedruckt in Heft 7 vom Juli 1957. Unter dem lateinischen Titel Videant consules (eine Anspielung auf ein Zitat aus Sallusts De coniuratione Catilinae) blies der neue Schriftleiter der RzW zum Angriff auf die aus seiner Sicht zahlreichen Anwälte, die das Vertrauen ihrer Klienten missbrauchten und das Feld der Wiedergutmachung maßgeblich für ihre eigene Bereicherung bestellten. »Wo Unrecht wiedergutgemacht wird, das zwanzig Jahre und länger zurückliegt«, müsse »die Beweisnot des Verfolgten und seiner Erben gebührend berücksichtigt werden«, gab Schwarz zu bedenken, aber das entschuldige anwaltliches Fehlverhalten keineswegs:

»Wer nicht durch jahrzehntelange Erziehung, Tradition und Standesethos geformt worden ist, mag vor den Versuchungen des leichten Gewinns nicht immer gefeit sein. Wer skrupellos die Wiedergutmachung zu einem Geschäft ent|würdigt, ist ein Schädling. Schädlinge müssen bekämpft werden. […] Gerade weil die des Vertrauens Würdigen geschützt werden müssen, darf nichts unversucht bleiben, um die Fäulnis, wo immer sie zu Tage tritt, mitleidslos auszumerzen.«25

Diese Attacke ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert. Zum einen zeigt sie, wie die Sprache des Nationalsozialismus mit seiner Aggressivität und biologischen Metaphern auch mehr als ein Jahrzehnt nach Ende des »Dritten Reichs« in deutschen Juristenkreisen offenbar noch so gängig war, dass sie auch ein sprachgewaltiger und nach seiner eigenen Wahrnehmung zeitlebens vom Idealismus geprägter deutsch-jüdischer Jurist wie Schwarz ohne Vorsicht verwendete.26 Zum anderen argumentiert er bereits hier mit der hohen Würde der Wiedergutmachung, die es zu achten gelte. Wiedergutmachung war für Schwarz weit mehr als eine Transaktion zum materiellen Ausgleich von Verfolgung und Raub, sondern ein Programm, das zu einer spirituellen Reinigung aller Beteiligten – zumal der Deutschen – führen solle. Die »Katharsis in der materiellen Form der Wiedergutmachung«, so Schwarz, habe sich nicht in Worten erschöpft, sondern sei »in der Form einschneidender Rechtsverzichte« erfolgt und daher insgesamt ein »historischer Vorgang ohne Beispiel«.27

Vor allem in ihren Glossen erlaubten sich Schwarz und seine Mitstreiter explizite, wenn auch stets konstruktiv formulierte Kritik an der Politik und der administrativen Durchführung der Wiedergutmachung. Als Beispiel sei die Glosse Parkinsoniana aus dem Jahr 1961 genannt, in der Schwarz mit spitzer Feder die aus seiner Sicht exzessive Bürokratie in Rückerstattungs- und Entschädigungsverfahren kritisierte, für die er sowohl die Verwaltung als auch den Gesetzgeber verantwortlich machte:

»Die historisch bedingte, nicht mehr reparable Aufspaltung in Rückerstattung und Entschädigung muß hingenommen werden. Aber sie hätte von der Verwaltung bewältigt werden können, wenn nur ein Bruchteil der Phantasie, die auf – oft mäßige – Zweifelsfragen des materiellen Rechts verwandt wird, auf das Durchdenken und Planen des normalen Verwaltungsablaufs hingelenkt worden wäre. Was unschwer vorauszusehen war, wird, wenn es zu spät ist, von der Verwaltung mit Überraschung registriert. […] Es hapert mancherorts erheblich an dem Zusammenwirken zwischen Wiedergutmachungsämtern und den Bundesdienststellen. Es fehlt bisher an einer einheitlichen Planung der Justiz.«28

Fluchtpunkt seiner Argumentation war hier wie‍‍‍ in anderen Fällen, dass die aktuelle Not und‍‍‍ das Lebensalter der Antragsteller keine ausufernde Bürokratie dulden, sondern auf rasche Erledigung drängen würden. Und so fragte er rhetorisch:

»Muss es denn immer wieder gesagt werden, daß dieses Papier Menschenschicksale entscheidet? Soll denn wirklich dieses letzte Kapitel der Wiedergutmachung ein Opfer der Hilflosigkeit und der Verwaltungslethargie werden?«29

Noch deutlicher wurde Schwarz 1967 in der Glosse Justizfreier Raum, in der es um die Problematik ging, wer im Sinne des § 160 BEG als Flüchtling anzusehen sei. In diesem Text erhob Schwarz den Vorwurf, dass der Bundesgerichtshof den Willen des Gesetzgebers, wie er im Flüchtlingsausschuss des Bundestages zum Ausdruck gebracht worden sei, bewusst ignoriere und der Verwaltung den jahrelang geübten Ermessensspielraum versage:

»Welch seltsame Situation! Gesetzgeber und Verwaltung vermögen sich der Justiz gegenüber nicht durchzusetzen. Die Gerichte halten an einer Gesetzesinterpretation fest, die einer jahrzehntelangen Praxis der Verwaltung rückwirkend die Rechtsgrundlage entzieht […] und sich […] dahin auswirkt, daß die Verwaltung, wenn sie wollte, das Ausmaß ihrer Leistungen nach dem Prinzip ›Friß, Vogel, oder stirb‹ willkürlich […] festsetzen könnte. Die Gerichte, zur Wahrung des Rechtsstaates bestellt, schaffen hier ein potentiell von der Gefahr administrativer Willkür erfülltes rechtsstaatliches Niemandsland.«30 |

Vergleicht man Schwarz’ Glossen aus verschiedenen Entstehungszeiten, dann wird deutlich, dass dessen Blick auf die deutsche Wiedergutmachung im Laufe von gut zwei Jahrzehnten im Detail kritischer wurde, ohne dass sich seine grundsätzliche Haltung änderte. Darauf deutet auch die Wahl seiner Pseudonyme hin. Zunächst, zwischen 1957 und 1962, zeichnete er seine Glossen ausschließlich mit »Sagittarius«, dem lateinischen Wort für Schütze. Dieser Sagittarius war ein Fabelwesen, das – metaphorisch gesprochen – Pfeile auf‍‍‍ Teilaspekte der Wiedergutmachung abschoss, scharf und treffend. Ab 1962 verwendete Schwarz ein weiteres Pseudonym: Sebaldus Steinbrech. Der Vorname war eine Anspielung auf Sebaldus von Nürnberg, einen mutmaßlichen Einsiedler aus dem 8. Jahrhundert, der im 15. Jahrhundert von Papst Martin V. heiliggesprochen wurde. Der Nachname – so gab es Schwarz selbst zu Protokoll – sei ein Hinweis auf das Geschäft der Wiedergutmachung als ein mühsames Arbeiten im Steinbruch des Rechts.31 Steinbrech ist aber auch eine Pflanze, die sich auf steinigem Grund zu behaupten weiß. Aus dem angriffslustigen Schützen wurde also im Laufe der Zeit ein mühsam arbeitender Eremit, dem zwar posthum höchste Anerkennung zuteilwurde, der sich aber in fortgeschrittenem Lebensalter von den Menschen zurückzog, sich dennoch behauptend.32

Tatsächlich gab Schwarz im Jahr 1967 seine nach dem Krieg in West-Berlin etablierte und mit seinem Kollegen Gerhard Falk (1926–2017) betriebene, gutgehende und auf Restitution und Entschädigung spezialisierte Anwaltspraxis auf.33 Wie er in seiner Autobiographie andeutet, hing das auch mit der zunehmenden Politisierung der Studierenden in West-Berlin seit den 1960er Jahren zusammen. Ähnlich wie andere Juden, die nach dem Krieg nach Deutschland zurückgekehrt waren, erlebte er die jungen Leute an den Universitäten als intolerant. Schwarz sprach sogar von »physischem und psychischem Terror«, der alle verunsichert habe, »die nicht zu den Systemveränderern gehörten«. Der Senat von Berlin habe die Opfer nur unzureichend in Schutz genommen, auch viele Professoren hätten sich angepasst oder weggeduckt. »Manches hatte eine erschreckende Ähnlichkeit mit 1933.«34 Er zog mit seiner Frau zunächst nach Wettswil in die Schweiz und später nach Zürich, wo er sich neben der Schriftleitung der RzW dem letzten großen Projekt seines Lebens widmete, der Herausgabe der offiziösen siebenbändigen Gesamtdarstellung der deutschen Wiedergutmachung.35 An seiner Hochschätzung der Wiedergutmachung änderten die Erfahrungen im Berlin der 1960er Jahre nichts Grundlegendes. Wie er in seiner 1981 veröffentlichten Autobiographie schrieb, betrachtete er sie als ein »zu Unrecht verdrängte[s] Stück deutscher Zeitgeschichte«, das »später einmal historischen Glanz erhalten« werde.36 Die Journalistin Dörte von Westernhagen, die die Sache in einem langen Artikel in der ZEIT deutlich kritischer sah, musste sich von ihm nichts weniger als eine »Eruption von Selbsthass« vorwerfen lassen. Das war eine kaum verhüllte Anspielung auf die familiäre Herkunft der 1943 geborenen Verfasserin, die die Tochter des SS-Obersturmbannführers Heinz von Westernhagen ist, und zudem ein klarer Hinweis darauf, wie eng und emotional Schwarz sich besonders im fortgeschrittenen Lebensalter mit der bundesdeutschen Wiedergutmachung identifizierte.37

1981 erhielt Walter Schwarz das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Fünf Jahre später dankte ihm der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in einem persönlichen Schreiben zum 80. Geburtstag dafür, dass er »als Jude uns Deutschen dazu geholfen« habe, »daß unser Recht heute wieder auf der unzerstörbaren Grundlage der Humanität ruht«. Schwarz’ Arbeit habe sich durch »innere Unabhängigkeit, Gerechtigkeit und Vorurteilslosigkeit« ausgezeichnet. Der so Geehrte gab sich bewegt und demütig. Die Wiedergutmachung sei, so antwortete Schwarz, trotz des traurigen Anlasses »die glückliche Fügung seines Lebens« gewesen, der er die »Verwirklichung seiner Möglichkeiten« verdanke.38 Aus den Kreisen jüdischer Rechtsschutzorganisationen musste sich |Schwarz jedoch auch Kritik anhören. Einer der Hauptvorwürfe lautete, dass er sich im Lauf der Jahre die bundesdeutsche Sichtweise zu sehr zu eigen gemacht und die Wiedergutmachung als Erfolgsgeschichte ohne Beispiel verkauft habe, obwohl diese in Wahrheit doch gegen große Widerstände den Deutschen eher abgetrotzt worden wäre.39 1984 nannte ihn der Vorsitzende der URO, Kurt May, in einem »sehr vertraulichen« Schreiben an den Vorsitzenden der Claims Conference, Ernst Katzenstein, sogar einen »selbstgerechten und eigenwilligen Juden«, den eine »zwiespältige, selbstüberhebliche, unbelehrbare Grundeinstellung« auszeichne, »mit der er als deutscher Jude zur Welt kam«.40

3. Fragt man nun abschließend nach dem Beitrag und dem Einfluss der RzW auf den politischen Diskurs und die rechtliche und administrative Praxis der deutschen Wiedergutmachung in den ersten drei Nachkriegsjahrzehnten, so ist eine differenzierte Antwort nötig. Die Bewertung schwankt, je nachdem, ob man das Glas halbvoll oder halbleer sehen will.

Eine optimistische Interpretation wird hervorheben, dass die RzW dem Rechtsgebiet der Wiedergutmachung nicht nur Respektabilität in Fachkreisen verschafft, sondern auch die tatsächliche Rechtsfindung zum Wohle der Betroffenen durch jahrelange Kärrnerarbeit entscheidend vorangebracht hat. Die Herausforderungen der Wiedergutmachung wurde in der RzW nicht nur regelmäßig zum Thema gemacht, sondern die Zeitschrift trug selbst auch dazu bei, aus den zunächst nur rudimentär vorhandenen Anfängen in den drei Jahrzehnten ihres Bestehens die Wiedergutmachung als eigenes Rechtsgebiet zu entwickeln. Dass die RzW in ihren späteren Jahren nicht immer eine »sofortige und umfassende Unterrichtung über die Rechtsprechung« leisten konnte, wie Herausgeber Schwarz zum Abschied selbstkritisch anmerkte, sei‍‍‍ unter anderem der seit Jahren abnehmenden Zahl der Abonnenten, aber auch der Tatsache geschuldet gewesen, dass sich die Wiedergutmachung stets »in einem politischen Ghetto abgespielt hat«. Dennoch sei die Zeitschrift ein Ort des »echten Rechtsgesprächs« gewesen, an dem sich Beamte, Richter und Anwälte beteiligt hätten. Nur der »richterliche Olymp«, gemeint waren vor allem die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH), hätte sich sehr zurückgehalten.41

Ähnlich wie die Bemühungen der URO, mit ihren Dokumentensammlungen Ende der 1950er Jahre gesichertes und damals nur schwer zugängliches Wissen über die Täter und Hintermänner der nationalsozialistischen Verfolgungen in Europa bereitzustellen, so hat auch die RzW ihrem eigenen Anspruch nach aufklärerisch gewirkt. Gerade wegen der Schwierigkeiten vieler Antragsteller mit der Beweislast war es praktisch von größter Relevanz, den mit der Wiedergutmachung befassten Juristen Sicherheit durch belastbare Informationen zu geben. Das geschah ganz überwiegend in einer Form, die die konditionale Programmatik adressierte und damit, den Gedanken Luhmanns aufnehmend, vom Rechtssystem vergleichsweise problemlos zu handhaben war. In der Verwaltungspraxis der Wiedergutmachung habe es, so die Beobachtung Walter Schwarz’, keinen Unterschied gemacht, ob ein ehemals Verfolgter oder ein früherer Nationalsozialist einen Fall bearbeitet habe, was nicht nur am schlechten Gewissen der Letztgenannten, sondern auch an der Arbeit der RzW gelegen habe, die zur Einhaltung juristischer Standards beigetragen habe.42 Vor allem in den Glossen wagten sich die Autoren weiter vor; hier gingen sie mit ihrer Kritik mitunter bis an die Grenze dessen, was systemimmanent verwertet und an Kritik ins Rechtssystem eingespeist werden konnte.

Eine pessimistische Interpretation wird hingegen darauf verweisen, dass genau durch dieses Vorgehen grundlegende politische Fragen der Wiedergutmachung, die eher ihre Zweckprogrammierung betrafen, nicht in den Blick gerieten. Viele der Debatten über die Angemessenheit der sich herausbildenden Wiedergutmachungspraxis, ihre politischen Zielsetzungen, die Kosten und die mangelnde gesellschaftliche Anerkennung bil|deten sich daher in der RzW kaum oder nur indirekt ab.43 Auch für die Gefühle der Antragsteller, ihren Schmerz und ihre Bitterkeit darüber, dass sie die Verfolgungserfahrung für die Justiz und die Bürokratie des Landes der Täter nochmals im Detail offenlegen mussten und mitunter eher als Bittsteller denn als Antragsberechtigte gesehen wurden, war in der RzW allenfalls zwischen den Zeilen Platz.44 Das war letztlich der Preis, den zu entrichten hatte, wer im Kreise der deutschen Juristen, in Politik, Schrifttum und vor Gericht unter seinesgleichen Anerkennung finden und nicht als journalistischer oder politisch motivierter Störenfried abgetan werden wollte.

Der langjährige Herausgeber Walter Schwarz war bereit, diesen Preis zu zahlen, nicht nur als selbsternannter Idealist, sondern auch aus ganz pragmatischen Gründen, wie er in einem Vortrag im Jahr 1958, ein Jahr, nachdem er die Schriftleitung der RzW übernommen hatte, ausführte:

»Der moralische Wert der materiellen Wiedergutmachung wird leicht unterschätzt. Wer einmal mitangesehen hat, was es für einen hilflosen alten Menschen bedeutet, von den demütigenden Fesseln der Abhängigkeit gelöst zu sein, auf eigenen Füßen zu stehen und den Kopf wieder hoch tragen zu dürfen, der weiß, daß das eine von dem anderen nicht zu trennen ist.«45

Bibliographie

Unveröffentlichte Quellen

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Notes

* Dieser Aufsatz basiert auf einem Vortrag, den ich im Rahmen des Panels »Fragile Fakten oder faktische Fragilität? Deutsche Entschädigungen nach 1945 in Theorie und Praxis« im September 2023 auf dem 54. Deutschen Historikertag in Leipzig gehalten habe. Für Anregungen und Hinweise danke ich meinen drei Mit-Panelisten Iris Nachum, Sheer Ganor und Constantin Goschler. – Die Arbeit an diesem Aufsatz wurde ermöglicht durch das internationale Forschungs- projekt »Advocates of the Victims: The History of the United Restitution Organisation (URO), 1948–2009«, das vom Bundesministerium der Finanzen gefördert wird. Projektpartner: University of Sussex, Newcastle University, The Central Archives for the History of the Jewish People/Jerusalem; Laufzeit: 1.9.2024–31.8.2027.

1 Cohn (1970).

2 Siehe zur Biografie Cohns Lorenz (2004).

3 Schwarz (1969); Hockerts (2001); Petersen (2021).

4 Lauterbach (1981).

5 Schreiben von Kurt May (URO) an Walter Schwarz vom 20. Februar 1963, in: CAHJP 115; Petersen (2021); Siemens (2023); Schwarz (1981a); Schwarz (1981b).

6 Brunn (1981) 113.

7 Meine Anfrage nach eventuell überlieferten Unterlagen beim Verlag C.H.Beck blieb ebenso erfolglos wie bei der Redaktion der NJW in Frankfurt am Main (E-Mail von Dr. Johannes Wasmuth, München, an den Verfasser vom 19. Januar 2023; telefonische Auskunft der Redaktion der NJW an den Verfasser am 2. August 2023). Für eine Auswahl von Leserstimmen zur Bedeutung der RzW siehe die letzte Ausgabe, Heft 4 (Oktober–Dezember 1981).

8 Neue Juristische Wochenschrift (Hg.) (1949).

9 Brunner/Meyer (2020) 102.

10 Schwarz (1981b) 115.

11 Luhmann (1983 [1969]) 129.

12 Ebd., 130–131.

13 Ebd., 131–132.

14 Schwarz (1981b) 115.

15 Küster (1953).

16 Winstel (2009) 546.

17 Moses (1998 [1944]). Das Buch erschien in Tel Aviv zunächst auf Deutsch und kurz danach auch auf Englisch, unter dem Titel »Jewish Post-War Claims«.

18 Schwarz (1962).

19 Zur Biografie von Schwarz siehe neben dessen Autobiographie (Schwarz [1981a]) vor allem Küster (1988); Siemens (2023) 355–359; Fischer-Defoy (2015); Winstel (2009) 546.

20 Schwarz (1957) 130–131. Zur oftmals schwierigen Anerkennung von Gesundheitsschäden siehe Baumann (2009); Pross (1988).

21 United Restitution Organisation (Hg.) (1962), (1959–1960), (1959a), (1959b), (1959c). Siehe hierzu auch Siemens (2018).

22 Wann genau und in welchem Umfang die URO das Erscheinen der RzW unterstützte, ist bislang unklar. Siehe in diesem Zusammenhang auch Schwarz (1958); Winstel (2009) 539–543; Siemens (2023) 352–360.

23 Ganor (2023).

24 Als Vorläufer der Glossen Walter Schwarz’ kann im deutschen Sprachraum am ehesten der Journalist und Schriftsteller Paul Schlesinger (1878–1928) gelten, der in den 1920er Jahren unter dem Pseudonym Sling in der Vossischen Zeitung »feuilletonistische Gerichtsreportagen« schrieb, die ihn bekannt machten. Eine Auswahl erschien auch in Buchform: Sling (1929), mit weiteren Auflagen bis in die Gegenwart. Zur Justizkritik in der Weimarer Republik siehe Petersen (1988); Siemens (2005).

25 Sagittarius (1957).

26 Schlosser (2013); Klemperer (1947).

27 Bundesministerium der Finanzen/Schwarz (Hg.) (1974–2000), Bd. 1, 381.

28 Sagittarius (1961) 354.

29 Ebd.

30 Steinbrech (1967) 387.

31 Schwarz (1969) x; Petersen (2021) 16–18.

32 Zu den Pseudonymen und ihrer Aussagekraft siehe auch Petersen (2021) 16–18.

33 Schwarz (1981a) 129–151.

34 Ebd., 150–151. Ähnliche Befürchtungen trieben auch den Historiker Joseph Wulf, den Philosophen Theodor W. Adorno und den Politikwissenschaftler Ernst Fraenkel um, als Überblick vgl. Kaplan (2014).

35 Bundesministerium der Finanzen/Schwarz (Hg.) (1974–2000).

36 Schwarz (1981a) 155.

37 Winstel (2009) 547; Westernhagen (1984); Westernhagen (2012).

38 Schreiben von Richard von Weizsäcker an Walter Schwarz vom 3. Februar 1986; Antwortschreiben von Walter Schwarz an von Weizsäcker vom 15. Februar 1986, beide in: USHMM.

39 Siemens (2023) 358–359; Schreiben von Ernst Katzenstein an Benjamin Ferencz und Saul Kagan vom 8. Januar 1984, in: USHMM.

40 Schreiben von Kurt May an Ernst Katzenstein vom 6. Februar 1984, in: USHMM.

41 Schwarz (1981b) 114–115.

42 Winstel (2006) 129, 137.

43 Zu den Debatten um die Wiedergutmachung siehe Frei/Brunner/Goschler (Hg.) (2009); Baumann (2009); Goschler (2008 [2005]); Hockerts/Moisel/Winstel (Hg.) (2006); Bailer (1993); Fischer-Hübner/Fischer-Hübner (1990).

44 Grossmann (2020) 65–68.

45 Schwarz (1958) 3.