Rechtsgeschichte und Ordnungsdenken. Zum rechtshistorischen Werk von Paolo Grossi

[Legal History and »Order Thinking«. On the Legal Historical Œuvre of Paolo Grossi]

Thomas Duve Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie, Frankfurt am Main duve@lhlt.mpg.de

Paolo Grossis rechtshistorisches Werk lässt sich nicht trennen von seiner Rechtstheorie. Beeinflusst vor allem von italienischen Rechtsphilosophen, Juristen und Historikern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, entwickelte der im Juli 2022 verstorbene italienische Rechtshistoriker eine klare Vorstellung davon, was Recht sei, und entwarf auf dieser Grundlage ein eindrucksvolles Bild der europäischen Rechtsgeschichte. Sein Rechtsbegriff schärfte seinen rechtshistorischen Blick, und was dieser ihm zeigte, verfestigte seine Vorstellung vom Recht. Dabei verfolgte Grossi ein klares Ziel: Es ging ihm um die Kritik des Rechts der Gegenwart, um die Relativierung dieser Gegenwart als bloßem Punkt auf einer langen historischen Linie und um Orientierung für die Zukunft.1 Grossi war Jurist, und er wollte – darin lag auch das zentrale Anliegen der von ihm gegründeten Quaderni fiorentini – zu Juristen von der Geschichte sprechen.2

Der Orientierung bedurfte es aus seiner Sicht umso mehr, als der Punkt, an dem er die europäischen Rechtssysteme der Moderne bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts verharren sah, ihm als geradezu verhängnisvoll erschien. Denn der »juristische Absolutismus der Moderne« – so eine seiner bekanntesten Wortschöpfungen3 – und dessen Staatszentriertheit hätten das lebendige, vielfältige Recht absorbiert, monopolisiert, zentralisiert. Das Recht sei vom Leben getrennt und den Menschen entfremdet worden, und es hatte noch die schlimmsten Grausamkeiten des 20. Jahrhunderts legitimiert. Ein solches steriles, uniformes, dysfunktionales Recht stand für Grossi in schärfstem Kontrast zur juridischen Ordnung des europäischen Mittelalters, zum ordine giuridico medievale. Dieser ordine hat ihn zeitlebens fasziniert, ihm hat er sein auch international wohl bekanntestes Buch gewidmet.4

Umso aufmerksamer – und erheblich früher als viele andere Rechtshistoriker – beobachtete Grossi die Reaktion von Staat und Recht auf das, was seit den 1990er Jahren verstärkt mit »Globalisierung« umschrieben wird.5 Die Postmoderne, deren Beginn Grossi in den 1950er Jahren ansetzte, und ihr Recht, vor allem die Entstaatlichung des Rechts, waren ihm dabei Hoffnung und Aufgabe zugleich. Hoffnung, weil das Recht aus dem stahlharten Gehäuse des Staates befreit werden und seine Vielfalt entfalten würde. Aufgabe, weil er die Rechtsgeschichte in der Pflicht sah, das Verständnis für eine solche neue Ordnung zu schärfen. Rechtshistorische Beobachtungen müssten gerade in einer Übergangsperiode wie der unseren vor Augen führen, dass das Recht nicht das leblose Produkt staatlicher Willkür sei, das der »Mythos der Moderne« aus ihm habe machen wollen.6 Historische Forschung müsse das Recht in seiner Lebendigkeit und Fülle zeigen, in seiner carnalità, wie er eindrücklich formuliert.7 Rechtshistorische Befunde sollten »in ein dialektisches Verhältnis zu unserem heutigen Bewusstsein« gesetzt werden, »wobei das einzige Ziel darin besteht, dieses komplexer zu machen, zu bereichern und zu größerer Reife zu bringen«.8 |

Die juristische Erfahrung des europäischen Mittelalters erschien Grossi besonders geeignet, um über das Recht in der postmodernen Welt der Globalisierung nachzudenken. In einem Festvortrag aus Anlass der Einweihung des neuen Institutsgebäudes des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt im Jahr 2013 skizzierte er – der über viele Jahre Mitglied des Fachbeirats des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte gewesen und nun Richter am italienischen Verfassungsgerichtshof war – einige »verbindende[] Züge« zwischen Mittelalter und Postmoderne. Er sah sie nicht zuletzt in der Rolle der Juristen und ihrer spezifischen logischen Operationen bei der Integration von Einheit und Vielfalt im Recht: »Durchsetzung einer Rechtseinheit unter Wahrung der ihr innewohnenden Vielfalt, eine zutiefst dialektische Beziehung zwischen der Rechtseinheit und Einzelelementen der Vielfalt; Aufwertung der Juristen in der Rechtsproduktion (denn das Recht ist Sache der Juristen und nicht der Politiker) und vor allem Würdigung der Rechtswissenschaft wegen ihrer Fähigkeit, harmonisch verbindende, tendenziell unbegrenzte Prinzipien zu entwickeln.«9

Eine Einladung der Quaderni fiorentini, dem Gedenkband an Grossi einen Beitrag zur Sektion Il giurista in un mondo globale: interpretatio e unità dell’ordine plurale beizusteuern, gab mir die Gelegenheit, zehn Jahre nach Grossis – letztem – Besuch in Frankfurt, auf diesen Vortrag zurückzukommen.10 Ich nehme Grossis Vortrag zum Ausgangspunkt für eine knappe Einführung in seine Überlegungen zur Rolle des Juristen und ihrer Interpretationsleistung in der europäischen Tradition und in der Welt der Postmoderne (1.). Anschließend blicke ich näher auf seine Interpretationslehre. Deren specificum besteht darin, dass sie auf dem Boden einer besonderen Rechtsquellenlehre, genauer: eines dezidierten Rechtspluralismus steht. Sie ist also nicht ohne ihre rechtsphilosophische Grundlage zu verstehen, die Grossi vor allem in seinen mediävistischen Arbeiten entwickelt hat, im Anschluss an italienische Juristen wie Santi Romano, Francesco Calasso, Giuseppe Capograssi. Diese Autoren stehen für ein institutionelles Ordnungsdenken, das in Deutschland vor allem mit dem Namen Carl Schmitts, aber auch Karl Larenz’ verbunden ist – und heute wegen deren Rechtsdenkens im Nationalsozialismus distanziert betrachtet wird (2.). Als deutscher Rechtshistoriker frage ich auch vor diesem Hintergrund, ob das mittelalterliche Recht, das Grossi in einen scharfen Kontrast zur Moderne setzt, für ihn lediglich ein »Typus« ist, wie es manchmal scheint, oder nicht doch die Grundlage für seine Rechtstheorie war – also für eine historische Rechtstheorie, die davon ausgeht, dass sich in einer bestimmten historischen Epoche »das Recht« in besonderer Weise verwirklicht habe (3.). Ich schließe mit einem Blick nach vorne. Denn auch wenn man Grossis historischer Rechtstheorie nicht folgen möchte, enthalten seine Überlegungen doch wichtige Anregungen für die rechtshistorische Forschung. Das gilt besonders für die wohl zentrale Herausforderung des Fachs heute: nämlich dafür, eine »Rechtsgeschichte jenseits der Moderne« zu schreiben (4.).

1. Das europäische Mittelalter, europäisches und globales Recht

Wie bringt Grossi das europäische Mittelalter, Postmoderne und Globalisierung in Verbindung? |Wieso nehmen Juristen in beiden historischen Epochen aus seiner Sicht eine zentrale Rolle ein? Blicken wir auf seine Vorstellung von Mittelalter, Moderne und Postmoderne und fragen nach den verbindenden Zügen, die er sah.

1.1. L’ordine giuridico medievale

Grossi beginnt seinen Frankfurter Vortrag mit einer knappen Zusammenfassung seiner an vielen Orten seit den 1990er Jahren immer wieder skizzierten Vorstellung vom ordine giuridico medievale.11 Das Mittelalter habe nicht »jenes total ausgreifende politische Subjekt« gekannt, »das jegliche gesellschaftliche Äußerungsform (und damit auch das Recht) monopolisiert, von uns gemeinhin als ›Staat‹ bezeichnet wird und eine Hauptrolle in der modernen Zivilisation spielt«. Vielmehr seien verschiedene Kräfte an der Rechtsproduktion beteiligt gewesen; es habe ein »allgemein gelebter Rechtspluralismus« geherrscht. Recht sei der Erfahrung entsprungen, und es habe sich durch seine Faktizität ausgezeichnet. Gewohnheiten seien die wichtigste Quelle des mittelalterlichen Rechts gewesen, und die Aufgabe von Juristen habe darin gelegen, die Gewohnheiten als »dauerhaft in der Zeit sich wiederholende Fakten« in eine vollständige Ordnung zu bringen (258).

Waren es im Frühmittelalter Praktiker, insbesondere Notare, so sei seit dem 12. Jahrhundert die Wissenschaft in das Zentrum der »Schöpfung und Systematisierung« des Rechts gerückt: Vor allem diese habe »jene Begrifflichkeit, jene Ordnungsprinzipien« bereitgestellt, »mit denen sich das zusammenhanglose Magma der gesellschaftlichen und ökonomischen Fakten ordnen lässt; und da es keine arrogante, zudringliche politische Macht gibt, vermag die Wissenschaft ein universelles Rechtsgewebe zu schaffen, das für jeden Ort gilt und auf lange Dauer angelegt ist« (258–259). Dieses Rechtsgewebe, das ius commune, habe sich durch seine besondere Elastizität ausgezeichnet. Die iura propria – Gewohnheiten und lokale Rechtsnormen – hätten sich harmonisch eingepasst, sie bildeten »eine authentische Ordnung, die eben authentisch ist, weil sie Einheit schafft unter Wahrung der Vielfalt« (259). In dieser Vielfalt in Einheit liegt, um in Grossis Sprache zu bleiben, die erste »kulturelle Botschaft« der europäischen Rechtsgeschichte.12

1.2. Europäisches Recht in der Postmoderne

Nachdem diese mittelalterliche Kultur zunächst durch den Aufstieg des Staates mit seinem Versuch einer rigorosen Kontrolle und Zentralisierung der Rechtsproduktion verdrängt worden sei, sei die juristische Moderne bald selbst unter Druck geraten: »Die Staaten sahen, wie der Panzer ihrer Souveränität aufgeweicht wurde von einer räumlich immer weiter ausgreifenden wirtschaftlichen Dynamik sowie von Techniken und Technologien.« Diese seien nicht an politische Grenzen gebunden (259), so dass eine neue Rechtslandschaft entstanden sei, die des europäischen Rechts – für Grossi bereits ein Kind der Postmoderne. Diese neue Rechtslandschaft stellt sich ihm ebenfalls als ein authentischer ordine dar, also als eine »komplexe Realität, die darauf zielt, den Reichtum der ihr eigenen Komplexität zu bewahren: Das Proprium der einzelnen Elemente, deren unterschiedliche Geschichte und singuläre Typizität finden in der gemeinsamen europäischen Dimension die konkrete Möglichkeit, ihre jeweilige Besonder|heit und Typizität als einen Reichtum zu setzen, der sich mit anderen ebenso als Reichtum verstandenen propria konfrontieren lässt« (260). Vielfalt in Einheit, Selbstorganisation, ein langsames Wachsen, getrieben von den Bedürfnissen der Praxis, kennzeichnen diese neue, seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Entstehen begriffene Ordnung.

Bei der Herausbildung dieser neuen Ordnung – und darauf liegt der Schwerpunkt des Vortrags, gehalten, als Grossi bereits seit einigen Jahren Richter am italienischen corte costituzionale war – nehmen Juristen als Richter und als Wissenschaftler eine zentrale Rolle ein. Grossi illustriert dies an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Grundrechten.13 Diese europäische Rechtsfortbildung, die das Europarecht weit über die vier Grundfreiheiten des gemeinsamen europäischen Marktes hinausgeführt habe, sei nur möglich gewesen, weil die Gerichte durch eine extensive teleologische Interpretation Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts herausgearbeitet und deren Einhaltung gegenüber den Institutionen wie auch den Mitgliedsstaaten eingefordert hätten (262). Eine besondere Bedeutung hätte dabei die Vorstellung einer gemeinsamen Verfassungsüberlieferung gehabt. Die Überlieferungen seien im Wege der Auslegung »als Prinzipien identifiziert, interpretiert und konsolidiert« worden, die Richter hätten in der Tradition »nach Werten zur Verankerung von Prinzipien« gesucht und dabei auf entscheidenden Vorarbeiten der Rechtswissenschaft aufbauen können.14 Die Principles of European Contract Law, aber auch die vielfältigen anderen Initiativen zur Harmonisierung des Zivilrechts, die von den europäischen Institutionen genutzt und zum Teil sogar gefördert worden seien, sieht er als charakteristischen Einschnitt in der europäischen Rechtsgeschichte. Denn »über die Normen hinaus zählen die Prinzipien. Es handelt sich um den Ausgang aus einem streng positivistischen Ansatz, dem Kapitalfehler des civil law, das sich heute als unangemessen erweist, um unsere postmoderne Gesellschaft zu ordnen« (264–265).

1.3. Globalisierung

In dieser Entwicklung des Rechts in Europa und des europäischen Rechts sieht Grossi nun Ähnlichkeiten mit der gegenwärtigen Herausbildung von transnationalem oder globalem Recht – Prinzipien, Regeln und Institutionen, die vor allem von privaten Akteuren aus »lebendiger Erfahrung« hervorgebracht würden. Relativ kurz nur deutet er an, was er an anderer Stelle im Hinblick auf die Entstehung des Rechts der Postmoderne ausführlicher dargelegt hat: die historischen Umstände, die zum Scheitern des juristischen Absolutismus führen mussten, vor allem die Krise des Staates der Moderne und die Wiederentdeckung gesellschaftlicher und normativer Pluralität, die auch durch den Ersten Weltkrieg intensivierte Faktenbezogenheit (die fattualità economica e sociale) des Rechts, einschließlich der Zuwendung zum uomo in carne ed ossa.15 Beide Ordnungen, die europäische und die des globalen Rechts, so fasst Grossi am Schluss seines Frankfurter Vortrags zusammen, seien aus ökonomischen Bedürfnissen hervorgegangen, unvollständig, »auf der Suche nach sich selbst«. Beide bedürften des Juristen, um dem Ordnungsbedarf Rechnung zu tragen. Da Globalrecht unabhängig von Staaten sei, aber dennoch Mechanismen der Streitbeilegung vorsehen müsse, gerate auch heute der Richter wieder in eine zentrale Rolle. Denn es sei die richterliche Interpretation, wie er an anderer Stelle zugespitzt formulierte, die »zwischen altem Recht und neuen Tatsachen« vermittele.16 Vor allem aber brauche das Recht in einer globalen Welt »elastische Quellen, die sich seismographisch der Bewegung und Veränderung anpassen. Und elastischen Quellen hat sich bis heute vor allem das europäische Recht auf seinem schwierigen Weg anvertraut« (266). Hier, so schließt Grossi, liege eine weitere Botschaft – und die Vitalität – des |europäischen Rechts im Mittelalter und der europäischen Integration für das Recht in der Globalisierung.

1.4. Die Rolle des Juristen

Man muss kein intimer Kenner des Grossi’schen Werks sein, um in dem Vortrag die Grundmelodie seines Denkens wiederzuerkennen, das er in zahlreichen Büchern und Vorträgen über Jahrzehnte immer wieder dargelegt hat: Die typologische Zuspitzung der Rechtsgeschichte des Mittelalters bis zum 14. Jahrhundert, die scharfe Kontrastierung des ordine giuridico medievale mit der juristischen Moderne, die Vorstellung der Unvollständigkeit des mittelalterlichen Rechts und der relativen Autonomie, die leidenschaftliche Kritik am neuzeitlichen Staat, das Interesse an Übergangsperioden und am Recht in der Globalisierung. Es fallen zentrale Begriffe wie die Vorstellung der Faktenbezogenheit (fattualità) des Rechts, dessen »Fleischlichkeit« (carnalità), die Bedeutung von Erfahrung und Überlieferung, der Begriff der Ordnung und der Rechtsquellenvielfalt.

Charakteristisch ist auch, wie er weit auseinanderliegende Epochen miteinander in Beziehung setzt. Ein verbindendes Element zwischen den Epochen des Mittelalters und der Postmoderne liegt in der besonderen Rolle, die Grossi den Juristen zuweist. Indem sie nach Antworten auf die Probleme der Menschen suchen, sorgen sie für Lebensnähe, Vielfalt und Einheit des Rechts. Ihr zentrales Instrument ist die interpretatio, ihre große Leistung die Prinzipienbildung. Grossi hat sich auch deswegen immer wieder, und verstärkt seit seiner Zeit als Verfassungsrichter, mit der juristischen Auslegungslehre beschäftigt, und zwar nicht allein als historisches Phänomen, sondern als juridische Praxis der Gegenwart. Zunächst geschah dies meist im Rahmen seiner Überlegungen zu den Rechtsquellen, in den letzten Jahren unter der Überschrift der invenzione del diritto.17 Blicken wir wegen dieser zentralen Bedeutung der juridischen Interpretation etwas näher auf diese Vorstellung von juristischer Auslegung, von invenzione, »Rechtsfindung«.

2. Interpretationslehre

Wie für die meisten Juristen ist auch für Grossi juristische Auslegung zunächst eine intellektuelle Operation, die Juristen durchführen, um aus dem geltenden Recht Lösungen für konkrete Probleme herauszuarbeiten. Sie wirken damit an der kontinuierlichen Fortbildung der Rechtsordnung mit, als Praktiker oder als Wissenschaftler. In letzterem Fall arbeiten sie Prinzipien heraus, die wiederum der Praxis zugrunde liegen und dabei helfen, die Vielfalt in einer Einheit zu integrieren. Was Grossis Interpretationsbegriff nun von anderen unterscheidet, ist sein Verständnis davon, was als »geltendes Recht« zu verstehen ist, konkret: seine Anerkennung von anderen Rechtsquellen als der des staatlichen Gesetzes. Er ist ein überzeugter Vertreter eines Rechtspluralismus.

2.1. Rechtsquellen

Mit dieser Rechtsquellenlehre geht er einen deutlichen Schritt über die heute üblichen Auslegungslehren hinaus.18 Zwar beschränken auch diese sich natürlich nicht darauf, die historische Bedeutung eines Wortes, den Zusammenhang oder den allgemeinen Sprachgebrauch zu rekonstruieren.19 Auch traditionelle Auslegungslehren nehmen den Wortlaut nämlich lediglich zum Ausgangspunkt. Mit einer teleologischen Auslegung kommen sie – wie Grossi am Beispiel des europäischen Gerichtshofs gezeigt hat – zu Ergebnissen, die in vielen Fällen nicht mehr von dem gedeckt sind, was vom Gesetzgeber ursprünglich bei Erlass einer Regelung vorgesehen war. Eine teleologische Interpretation wird – wie strenggenommen jede Auslegung – z.B. Prinzipien einbeziehen, die sich nicht unmittelbar in der gesetzlichen Grundlage, vielleicht auch nicht einmal in der geschriebenen Verfassung finden lassen, sondern von der Wissen|schaft formuliert worden sind. In dieser Verwiesenheit auf außerhalb der unmittelbaren staatlichen Legitimationskette produziertes Wissen liegt ein grundlegendes Problem der juristischen Auslegungslehre, und in wohl allen Rechtsordnungen werden Vorschläge diskutiert, wie man die notwendigen Auslegungsspielräume schafft und zugleich begrenzt.20

Doch Grossi hat eine demgegenüber nochmals deutlich weitere und andersartige Vorstellung davon, was als »Rechtsquelle« anzusehen ist und damit zum Hilfsmittel der Interpretation werden kann. Er drückt dies mit dem Begriff der invenzione aus und bezieht sich auf die lateinische Bedeutung des Wortes invenire, finden.21 Beim invenire handelt es sich für Grossi um eine aktive, engagierte, auch konstruktive, aber – wie er hervorhebt – keineswegs »kreative« Tätigkeit. Aktiv, engagiert, konstruktiv, weil sie sich nicht auf die Auslegung des Wortlauts einer (staatlichen) Rechtsquelle beschränke. Aber nicht »kreativ«, weil sie das Recht nicht schafft: Denn das Recht ist aus Grossis Sicht bereits da, vorfindlich. »Interpretation« als »invenzione«, also »Rechtsfindung«, bedeutet, diese Realität richtig zu lesen und in eine rechtliche Sprache zu fassen. Die von Juristen formulierte Norm ist für Grossi damit – ganz im Einklang mit Santi Romano – Ausdruck der bestehenden Ordnung; es gibt aus seiner Sicht einen ontologischen Vorrang der Ordnung vor der Norm.22

2.2. Ordnung und Überlieferung

Genau diese Vorstellung von Ordnung, so führt Grossi verschiedentlich aus, habe auch der italienischen Verfassung von 1948 selbst zugrunde gelegen: Die Verfassungsväter hätten – in einem revolutionären Bruch mit der etatistisch-legalistischen Tradition – »aufgelesen« und in Worte gefasst, was sie in der Gesellschaft gefunden hätten, nämlich verdichtete Wertvorstellungen (sostratto valoriale), die nach der Erfahrung der Diktatur nun frei geäußert werden konnten.23 Der Verfassungstext habe das Ergebnis dieser Beobachtung lediglich sprachlich festgehalten. Die Wertvorstellungen (der complesso dei valori) seien »durch die weisen Hände der Patres in Prinzipien transformiert worden und haben die Form von 139 Artikeln angenommen«.24 Sie hätten aus der Erfahrung des Unrechts mit dem Bekenntnis zu Humanität und der Würde der Person in der Verfassung die Brücke zum Leben, den Bedürfnissen der Menschen und deren Wertvorstellungen gebaut.25

Diese – der Schriftfassung eines 2017 in italienischer Sprache gehaltenen Vortrags entnommenen – Formulierungen stehen dem sehr nahe, was Grossi in seinem Frankfurter Vortrag 2013 in einer die historische Dimension etwas stärker akzentuierenden Weise »Überlieferung« genannt hat. In der Verfassungsüberlieferung, so Grossi, »bündeln sich so tief verwurzelte, tatsächlich gelebte Erfahrungen dergestalt, dass sie mit der Geschichte eines Volkes verschmelzen, und sie müssen als ein Schatz von Werten betrachtet werden, aus denen sich ein Fundus von Grundsätzen und schließlich von Grundrechten ergibt«.26 Anschaulich und auf die Interpretationslehre bezogen formuliert er diesen Gedanken auch in einem Vortrag zum Sistema moderno delle fonti del diritto vor der Scuola Superiore della Magistratura vom September 2021, also wenige Monate vor seinem Tod. Hier hebt er hervor, die Verfassung erschöpfe sich nicht im geschriebenen Text, die Artikel der Verfassung seien vielmehr nur die Spitze eines »zum großen Teil versunkenen Kontinents«, den die Schöpfer der Verfassung in einen unter historisch kontingenten Umständen entstandenen Text aufgenommen hätten.27

Eine solche Vorstellung von Recht hat Folgen für die juristische Auslegung: Die Verfassung der italienischen Republik ist für Grossi zu einem großen Teil nicht dem Text selbst zu entnehmen. |Die Verfassung werde vielmehr von einem Wertekomplex (complesso valoriale) repräsentiert. Dieser Wertekomplex sei keineswegs historisch stabil, versteinert, kristallisiert, sondern im Gegenteil wandlungsfähig: wie Gewohnheiten sich wandelten, so auch der complesso valoriale – denn er ist connesso al lento itinerario del costume. Genau für die Übersetzung dieser kontinuierlich sich wandelnden Erfahrung der Gemeinschaft sieht Grossi die Juristen als Experten an, ob als Richter oder auch als Rechtswissenschaftler: Nicht als passive Exegeten, sondern als inventori-interpreti müssten sie die Normen aus der gelebten wirklichen Verfassung, also der Ordnung, herausarbeiten.28

2.3. Institutionalismus und Interpretationslehre

Grossi selbst hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass seine Vorstellung von Recht, Rechtsquellen und Interpretation maßgeblich von Denkern wie Santi Romano, Francesco Calasso und anderen Rechtswissenschaftlern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beeinflusst ist.29 Im Gegenteil, Romanos Kritik an der Moderne und deren Rechtsquellenmonismus schien ihm auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts von »außergewöhnlicher Aktualität für den heutigen Juristen«.30 Es überrascht vor dem Hintergrund der Nähe von Santi Romanos und Carl Schmitts Institutionalismus und angesichts des Grossi’schen Ordnungsdenkens deswegen auch nicht, dass Grossi sich in einem von ihm selbst als stärker theoretisch bezeichneten Beitrag ausdrücklich auf den Schmitt’schen und den Brunner’schen Verfassungsbegriff beruft.31

Das wirft natürlich gerade für den deutschen Leser eine Reihe von Fragen auf, haben sich das Schmitt’sche und Brunner’sche konkrete Ordnungsdenken in der deutschen Geschichte doch in verhängnisvoller Weise mit dem Nationalsozialismus verflochten.32 Problematisch erscheint an einer solchen Referenz dabei weniger die unselige historische Rolle eines Carl Schmitt oder Otto Brunner. Schwerer wiegt, dass im Nationalsozialismus die strukturelle Offenheit der Auslegungslehre des institutionellen Ordnungsdenkens für außerrechtliche Wertungen, die damit einhergehende Manipulierbarkeit des Rechts und die damit verbundene Schwächung von rechtsstaatlichen Garantien deutlich geworden ist. So hat Bernd Rüthers in einer bahnbrechenden Publikation zur juristischen Methode im Nationalsozialismus bereits 1967 die Gefahren einer auf konkretem Ordnungsdenken beruhenden Auslegungslehre scharfsichtig analysiert. Er rekonstruierte die »unbegrenzte Auslegung« im institutionellen Rechtsdenken, das er als eine Art »Wunderwaffe« der Rechtsfortbildung bezeichnet: Sein und Sollen fielen »auf eine methodisch ungeklärte Weise zusammen mit der Folge, daß aus der institutionell gedeuteten Wirklichkeit bestimmte normative Forderungen als rechtsverbindlich abgeleitet werden«.33 Es handele sich bei dem Begriff des überpositiven Rechtsinstituts »um einen komplexen, ideologisch durchtränkten Begriff, der nach dem Gemenge seiner verschiedenen Merkmale die Grenze zwischen Soziologie, Geschichte, Jurisprudenz und Metaphysik« aufgelöst habe.34

Grossi kannte diese Diskussion zweifellos, nicht zuletzt durch seine Verbindung zu Franz Wieacker, dem er einen einfühlsamen Nachruf widmete.35 Er selbst war es auch, der Wieacker mehrfach zu einem Rückblick auf dessen eigenes, ganz im Geiste des konkreten Ordnungsdenkens geschriebenes, |1935 publiziertes Buch zur Eigentumsverfassung gedrängt und diesen Beitrag in den Quaderni fiorentini 1976/77 veröffentlicht hatte.36 Auch wenn der deutsche und der italienische Fall aus vielerlei Gründen nicht vergleichbar sind, Santi Romano trotz seiner Aufgeschlossenheit dem faschistischen Regime gegenüber kein Carl Schmitt war und Grossi vor dem Hintergrund der italienischen Zeitgeschichte und deren Erfahrung gelesen werden muss, veranlasst die deutsche historische Erfahrung zu der Frage, ob sich nicht auch das italienische institutionelle Rechtsdenken mit denselben Einwänden auseinandersetzen muss, die in der deutschen Diskussion erhoben worden sind. Verschwimmen nicht auch in ihm – und damit auch bei Grossi – die »Grenzen zwischen Soziologie, Geschichte, Jurisprudenz und Metaphysik«?

3. Typus oder Theorie?

Die Frage lässt sich vielleicht am besten durch eine Analyse des ontologischen Status beantworten, den Grossi selbst seinen Aussagen zubilligte. Arbeitete er historische Typen im Max Weber’schen Sinne heraus, die man einer historischen Soziologie zuordnen würde – oder zielte er auf eine historische Rechtstheorie in normativer Absicht?

Auf den ersten Blick scheint Grossi tatsächlich bloß historische Typen zu bilden und lediglich in dialektischer Weise miteinander in Verbindung zu setzen. Rechtshistorische Befunde sollten, wie er in seinem Frankfurter Vortrag hervorhob, »in ein dialektisches Verhältnis zu unserem heutigen Bewusstsein« gesetzt werden, »wobei das einzige Ziel darin besteht, dieses komplexer zu machen, zu bereichern und zu größerer Reife zu bringen«.37 Besonders deutlich ist das Bemühen um eine Typenbildung auch in dem von ihm selbst als grundlegend bezeichneten, in verschiedene Sprachen übersetzten Beitrag Un diritto senza Stato (la nozione di autonomia come fondamento della costituzione giuridica medievale) von 1996.38 Hier dient ihm gerade das Verhältnis von Recht und Staat dazu, unterschiedliche Epochen zu charakterisieren. In der Moderne komme der Staat vor dem Recht, in der mittelalterlichen Verfassung habe das Recht dagegen einen ontologischen und geschichtlichen Vorrang: »Zuerst war das Recht.«39

Eine solche Gegenüberstellung unterschiedlicher Typen von Recht im Mittelalter, in der Moderne und in der Postmoderne heißt allerdings nicht, dass diese Typen für Grossi gleichrangig wären. Im Gegenteil: Ähnlich wie für Calasso, hat sich auch für Grossi im mittelalterlichen Recht nicht nur irgendein Typus herausgebildet. Sondern es ist gerade der Typus des mittelalterlichen Rechts, in dem sich Grossis Vorstellung von Recht insgesamt am deutlichsten verwirklicht. Das zeigt sich nicht nur an der Faszination, mit der Grossi den mittelalterlichen ordine beschreibt. Es wird auch deutlich an seiner Kritik der Moderne, die durchzogen ist von einer Kontrastierung mit einem Idealbild des Rechts, das der mittelalterlichen Rechtsverfassung entspricht. Das Recht der Moderne erscheint ihm als Reduktionismus und Verfallsform, es war für ihn eben nicht »das Recht«, sondern nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was »Recht« ist. Auch seiner allgemeinen – für gestern, heute und morgen formulierten40 – Interpretationslehre liegt ein aus rechtshistorischer Analyse gewonnenes Modell zugrunde: Nämlich die Vorstellung der iurisdictio, wie sie von ihm und seinen Schülern herausgearbeitet worden ist.41 Grossis rechtshistorisch gegründete und letztlich auf verschiedene Epochen angewandte Interpretationslehre ist insofern ein klassischer Fall rechtshistorischer Theoriebildung mit normativem Anspruch.42

Eine solche historische Theoriebildung, das Changieren zwischen historischem Typus und Theorie, die Suche nach einem Sollen im Sein, hat lange Tradition in der Rechtsgeschichte. Schon die Historische Rechtsschule bemühte sich darum, aus einer historischen Analyse auf Institutionen zu schließen, die von Juristen gefunden und in Normen gegossen wurden. Viele Rechtshistoriker des späten 19. und 20. Jahrhunderts verbanden mit ihrer historischen Arbeit die Hoffnung auf die Einsicht in bleibende Strukturen – man denke |nur an (den für Santi Romano einflussreichen43) Otto von Gierke. Blickt man genauer hin, so trieb eine solche Hoffnung auch führende Rechtshistoriker des ausgehenden 20. Jahrhunderts an, in sehr unterschiedlicher Weise.44 Grossi befand sich also in guter Gesellschaft, und er hatte die ausdrückliche Verbindung von historischen Typen und Theoriebildung auch bei den Juristen kennengelernt, die er als seine Lehrer ansah und die ihn besonders faszinierten: Francesco Calasso hatte, wie Grossi selbst hervorhebt, »aus der Romano’schen Konstruktion das interpretative Schema für das gesamte Rechtswesen des Mittelalters« gemacht,45 und Santi Romano sei überzeugt gewesen, dass sich im italienischen Mittelalter seine Theorie des Rechts als Ordnung und Pluralität »vollständig verwirklicht habe«.46 In Romanos Analyse und Calassos Aneignung sah Grossi sogar einen einzigartigen Moment der Verbindung von theoretischer und historischer Analyse.47

4. Rechtsgeschichte jenseits der Moderne

Muss man nun Grossis Ontologie teilen, muss man sich auf Carl Schmitts konkretes Ordnungsdenken, Otto Brunners Verfassungsbegriff oder Santi Romanos Institutionalismus einlassen, um an Grossis Werk anzuknüpfen? – Nein, es geht auch ohne sie. Auch eine sich als konstruktivistisch verstehende Historiographie kann nämlich Theorien fruchtbar machen, indem man sie als interpretative Schemata verwendet. Dann werden Theorien zu Methoden: Blickt man beispielsweise durch die Brille des Institutionalismus, sieht man bestimmte Strukturen, die man vielleicht sonst nicht beobachtet hätte. Der Preis für diese Nutzung von Theorie als Methode ist zwar ein geringerer Geltungsstatus der Aussagen – denn die Ergebnisse einer konstruktivistischen Beobachtung erheben nicht den Anspruch, normative Orientierung zu bieten. Der Gewinn freilich liegt in einer höheren Komplexität der Analyse.

4.1. Eine Alternative zur Rechtsgeschichte als Kind der Moderne

In diesem Sinn dürfte ein besonderes Verdienst Grossis darin bestehen, dass er in seinen Arbeiten zur Rechtsgeschichte des europäischen Mittelalters und ausgehend vom institutionellen Rechtsdenken Möglichkeiten für das aufgezeigt hat, was man eine »Rechtsgeschichte jenseits der Moderne« nennen könnte.48 Damit ist nicht eine Rechtsgeschichte der Postmoderne oder der Nachmoderne gemeint, sondern eine Rechtsgeschichte, die sich von Methoden, Grundbegriffen und intellektuellen Praktiken emanzipiert, die sie im 19. und 20. Jahrhundert, also in der Moderne, geprägt haben. Das erscheint nötig, denn die Rechtsgeschichte als Fach zielte jedenfalls seit ihrer prägenden Neuausrichtung durch die Historische Rechtsschule im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts darauf, historische Erfahrung in den Dienst der Herausbildung eines Rechts für die Nationalstaaten zu stellen – ein Ziel, an dem sie jedenfalls in Kontinentaleuropa auch nach der Emanzipation der Rechtswissenschaft vom historischen Paradigma festhielt. Ihr am europäischen Staat der Moderne orientierter Rechtsbegriff, die spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg offen oder unterschwellig wirkenden Theorien der Modernisierung, Rationalisierung und Säkularisierung, die weitgehende Ausgrenzung von Religion und Ethik aus dem Blickfeld der Rechtsgeschichte, meines Erachtens auch die Konzeption der Rechtsgeschichte als Geschichte von Juristenrecht, sind nur einige Kennzeichen dieser Rechtshistoriographie, die in der europäischen Moderne entstanden ist und von ihr geprägt wurde.

Grossis Unbehagen an dieser juristischen Moderne ließ ihn eine Welt analysieren, die gerade anders war. Seine Analyse des Rechtspluralismus, zur Bedeutung von Kollektiven, zur juristischen Erfahrung und zu normengenerativer Praxis – also sein am institutionellen Rechtsdenken und an historischen Quellen geschultes Auge – stellen damit der Rechtsgeschichte bis heute Instrumente |zur Verfügung, die es ihr ermöglichen, auch andere Perioden und Regionen zu analysieren: jenseits der Grundbegriffe, Methoden und Fragestellungen der an der Moderne gebildeten rechtshistorischen Forschungspraxis. Auch die europäische Moderne selbst kann in einem anderen Licht erscheinen, wenn wir sie aus dieser Perspektive und nicht mit dem Instrumentarium einer Rechtsgeschichte als Kind der Moderne betrachten: Kollektive Rechtserzeugung, nichtstaatliches Recht sowie andere als staatlich gesetzte Normen sind in den letzten Jahrzehnten nicht zuletzt durch Grossis Anregungen sichtbarer geworden und haben zu deutlichen Veränderungen unseres Bildes auch von Rechtsgeschichten der Moderne geführt. Das gilt vor allem für die Rechtsgeschichten in Italien, aber auch in Spanien – man denke nur an das Werk Bartolomé Claveros oder die Forschungen der Gruppe HICOES –, in Portugal – vor allem durch António Manuel Hespanha – und in manchen Ländern Lateinamerikas, z.B. Argentinien, Brasilien und Mexiko. Einer Rechtsgeschichte jenseits der Moderne bedarf es im Übrigen nicht zuletzt für die Globalrechtsgeschichte, deren wesentliches Anliegen gerade darin besteht, eine nicht-eurozentrische – und damit nicht von der europäischen Moderne geprägte – Methode für die Analyse von Rechtsgeschichten zu entwickeln.49

4.2. Recht als soziale Praxis

Grossis – auf letztlich ein Jahrhundert zurückreichenden Grundlagen beruhendes – Rechtsdenken trifft sich hier in eindrucksvoller Weise mit neueren Tendenzen sozialwissenschaftlich und kulturwissenschaftlich inspirierter Rechtswissenschaft, nicht allein in Italien, wo das institutionelle Rechtsdenken anders als z.B. in Deutschland nie wirklich verschwand.50 Denn wenn Grossi Recht als institutionelle soziale Praxis begreift, Gewohnheiten und die normative Kraft des Faktischen in den Mittelpunkt seiner Rechtsentstehungslehre rückt, so zeigen sich wichtige Parallelen zu heute diskutierten Vorstellungen pragmatischer Rechtserzeugung.51 Recht wird auch in diesen neueren Rechtstheorien als Ergebnis medial gebundener sozialer Praxis verstanden, die von vielfältigen Arten des Wissens getragen ist. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Wissens sind Praktiken, also wiederholte und ab einem bestimmten Punkt von den jeweiligen Kollektiven (oder in heutiger Sprache: epistemischen Gemeinschaften) gebilligte und erwartete Handlungen und Routinen – Grossi bezeichnet dieses Phänomen als Gewohnheiten.52 Für die Theorien pragmatischer Rechtserzeugung ist auch die normative Kraft des Faktischen erneut zum Gegenstand des Nachdenkens geworden – so wie für Grossi.53 Auch wird betont, dass es darum gehe, die für die juristische Moderne charakteristische Vorstellung einer Trennung von »Recht« und »Anwendung« zu überwinden, ganz wie es Grossi immer wieder gefordert hat.54 In stärkerem Maße wird auch in diesen Diskussionen wieder nach Brücken zwischen dem Sein und Sollen gesucht, von manchen Autoren vor allem unter Rückgriff auf Erfahrungen.55

Diese neueren Überlegungen haben sich freilich bisher nur selten in rechtshistorische Methoden übersetzt. Hier dürfte Grossis Werk – auch wenn man den Schritt vom Sein auf das Sollen nicht mitvollziehen oder andere Aspekte wie die herausgehobene Rolle der Juristen in seiner Rechtsgeschichte für eine letztlich der Rechtsgeschichte der Moderne verhaftete Vorstellung halten mag56 – auch für die Zukunft wegweisend bleiben.

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Notes

1 Zum Bild von »Punkt und Linie« und der Aufgabe der Rechtsgeschichte Grossi (2006b).

2 Vgl. die Einführung zum ersten Heft der Quaderni fiorentini, wieder abgedruckt in Grossi (2009a) 3. Zur Aufgabe der Rechtsgeschichte z.B. Grossi (2006b); Grossi (2006c). Interessant seine autobiographischen Notizen, auch zur Geschichte der Quaderni, vgl. zuletzt Grossi (2021a); Grossi (2008); sowie zahlreiche Interviews, z.B. Timoteo (2020). In deutscher Sprache Grossi (2009b); in englischer Sprache Grossi (2020).

3 Dazu Grossi (1988); Grossi (2006d). Übersetzungen ins Deutsche hier und im Folgenden von T.D.

4 Grossi (1995); spanische Übersetzung Grossi (1996).

5 Vgl. diverse Aufsätze, insbesondere in Grossi (2004); Grossi (2006a); Grossi (2010b).

6 Zum Mythos der Moderne Grossi (2003).

7 Z.B. in Grossi (2021b) 158.

8 Grossi (2014a) 257.

9 Ebd.

10 Der vorliegende Text entspricht weitgehend dem in spanischer Sprache für den Gedenkband der Quaderni fiorentini 52 (2023) unter dem Titel »El jurista como inventore en la Edad Media y en la ›pos-modernità‹? La teoría histórica del derecho de Paolo Grossi, su problemática y su significado para una historia del derecho más allá de la modernidad« verfassten Beitrag in einer für eine deutschsprachige Leserschaft angepassten Form. Ich veröffentliche ihn auch in deutscher Sprache, da Grossis Arbeit trotz einiger Übersetzungen im deutschen Sprachraum verhältnismäßig wenig bekannt ist. Das gilt vor allem im Vergleich zu rechtshistorischen communities in Südeuropa und Lateinamerika. Zusammen mit den stark von ihm beeinflussten, einer jüngeren Generation angehörenden, inzwischen ebenfalls verstorbenen Rechtshistorikern António Manuel Hespanha († 2019) und Bartolomé Clavero († 2022) hat Grossi die Vorstellungen von der Rechtsgeschichte des europäischen Mittelalters und der Moderne sowie von der Aufgabe des Fachs »Rechtsgeschichte« in diesen Regionen in geradezu paradigmatischer Weise geprägt. Die große Wirkung seines Werks dürfte nicht zuletzt darauf beruhen, dass Grossi sein Denken seit den 1990er Jahren in einer Fülle von Vorträgen und in vielen bewusst an ein breiteres Publikum gerichteten und vielfach übersetzten Publikationen immer wieder dargelegt hat. Grossi hatte eine Botschaft, die er vermitteln wollte – und er wurde nicht müde, es zu tun. In deutscher Sprache sind vor allem zu nennen Grossi (2010a); Grossi (1997); Grossi (2014a); Grossi (2009b).

11 Am bekanntesten Grossi (1995); spanisch Grossi (1996); einführend in das Buch in deutscher Sprache Grossi (1997); Grossi (2009b).

12 Sehr anschaulich fasst Grossi seine Überlegungen in seinem – von Thorsten Keiser übersetzten – Gastbeitrag in der ZRG zusammen, Grossi (2009b) 215–216: »Das mittelalterliche Recht ist nicht ein Archipel abgeschlossener und jeweils absolut unabhängiger Inselwelten, sondern ein Spinnennetz von Autonomien, also relativen Unabhängigkeiten, ein universelles Geflecht aus Beziehungen, die keinem seiner Elemente eine perfekte Abschottung gestatten. Jedes Element ist für sich außer Stande, die sozialen, wirtschaftlichen und juristischen Kräfte in seinem Inneren zu einer kompakten Einheit zusammenzuballen, nicht aus Mangel an kooperativer Kraft, sondern wegen des Fehlens einer allumfassenden politischen Psychologie. Und das Ergebnis war äußerst relevant: Deutlich wurde die Handlungsfreiheit dieser Kräfte, ihr freies Zusammenleben in den Grenzen derselben politischen Körperschaft. Die politische Ordnung gestattete die freie Entfaltung anderer Ordnungen in ihrem Inneren, die Ausdruck von religiösen, wirtschaftlichen und ständischen Gemeinschaften waren. Gestattet wurde vor allem – und das betrifft den für Juristen relevanten Bereich –, dass diese Ordnungen eigenes Recht produzierten, ein Recht, das in seiner spezifischen Eigenkompetenz neben dem von der politischen Gewalt ausgehenden Recht gefordert war.«

13 Angefangen beim Urteil Stauder von 1969 über die Berufung auf gemeinsame Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten im Urteil Internationale Handelsgesellschaft (Urteil vom 17. Dezember 1970, 11/70) zum Urteil Nold (Urteil vom 14. Mai 1974, 4/73).

14 In der gemeinsamen Verfassungsüberlieferung »bündeln sich so tief verwurzelte, tatsächlich gelebte Erfahrungen dergestalt, dass sie mit der Geschichte eines Volkes verschmelzen, und sie müssen als ein Schatz von Werten betrachtet werden, aus denen sich ein Fundus von Grundsätzen und schließlich von Grundrechten ergibt«, Grossi (2014a) 262–263.

15 Zuletzt knapp zusammengefasst in Grossi (2021b) 163–165.

16 Grossi (2009b) 220: »Die Rechtswissenschaft des Spätmittelalters ist nicht romanistische Exegese. Sie ist im Gegenteil Interpretation im authentischen Sinn des Wortes, nämlich Vermittlung zwischen altem Recht und neuen Tatsachen.«

17 Vgl. Grossi (2017); zu den Rechtsquellen Grossi (2021b).

18 Vgl. z.B. die Darstellung bei Möllers (2021) 43ff. zu den Rechtsquellen; a.a.O. 87ff. zu sekundären Rechtsquellen und Rechtserkenntnisquellen.

19 Vgl. zur Auslegungspraxis kontinentaleuropäischer Gerichte Vogenauer (2001), dort auch zu Zweck und außergesetzlichen Wertungsmaßstäben in Deutschland, 44–48; vgl. auch Möllers (2021) 87ff.

20 Vgl. z.B. oben Möllers (2021) sowie aus der Perspektive der Verfassungsgerichte insbesondere den Überblick bei Vosskuhle (2021); zu den Entscheidungsregeln, Argumentationsmustern, Rechtsfiguren, die den Spielraum öffnen und begrenzen, auch Vosskuhle (2018) Rz. 37ff.

21 Grossi (2017).

22 Vgl. Grossi (2010c) 227: »Ordenamiento más que norma; ordenamiento antes que norma. No estamos frente a un banal cambio lexical; estamos, por el contrario, frente al resultado de la opción fundamental de cambiar de ángulo de observación, de contemplar el derecho desde el mismo tejido donde se genera, arraiga y se consolida, antes que desde una cima donde el objeto, demasiado lejano, viene desenfocado y falseado.«

23 Vgl. Grossi (2017) 39ff.

24 Grossi (2018) 16: »ma ricercando e reperendo, indi leggendo e trascrivendo in un testo destinato a consolidare il risultato di questa lettura […]«, Kursivierungen im Original.

25 Aufschlussreich zum Beispiel Grossi (2013) 40ff.

26 Grossi (2014a) 262–263.

27 Grossi (2021b) 171–172.

28 Grossi (2021b) 172.

29 Grossi hat immer wieder betont, wie sehr er von den Arbeiten Santi Romanos (vor allem zur Vorstellung der Ordnung von 1918), Emilio Bettis (vor allem zur Hermeneutik von 1927), Giuseppe Capograssis (vor allem zur esperienza von 1937) und Francesco Calassos (vor allem zur rechtshistorischen Methode von 1947) geprägt ist. Grossi hat diese Autoren an Schlüsselstellen in seinem Werk und bis in seine letzten Vorträge immer wieder als maßgebliche Referenzen genannt, vgl. die biographischen Selbstzeugnisse z.B. Grossi (2009b); Grossi (2020). Noch in einem seiner wohl letzten Vorträge vom September 2021 schließt Grossi ausdrücklich an das für ihn seit der Studienzeit grundlegende L’ordinamento giuridico von Santi Romano von 1918 an, Grossi (2021b) 155. Die historische hermeneutische Methode erscheint ihm noch in den 1990er Jahren bereits in der Mailänder Antrittsvorlesung Emilio Bettis aus dem Jahr 1927 »perfekt definiert«, Grossi (1997) 19.

30 Grossi (2010c) 220.

31 Grossi (1997) 20; spanische Übersetzung in Grossi (2004).

32 Vgl. zum konkreten Ordnungsdenken als Theorie der wissenschaftlichen Rechtsfindung mit weiteren Nachweisen Schröder (2021) 42ff.; zu Brunner, der neuen Verfassungsgeschichte und der Verbindung von Verfassungsgeschichte und Rechtspolitik bei Brunner und Schmitt ausführlich Grothe (2005) 297–309.

33 Rüthers (1997) 291.

34 Rüthers (1997) 277–323, Zitat 293.

35 Grossi (2014b).

36 Wieacker (1976/1977).

37 Grossi (2014a) 257, Kursivierung von T.D.

38 Grossi (1996); deutsche Fassung Grossi (1997); spanisch in Grossi (2004).

39 Grossi (1997) 22–25, Zitat 24.

40 So der Untertitel seines Vortrags, Grossi (2014a).

41 Vor allem natürlich Costa (1969).

42 So auch Luminati (2010).

43 Fuchs (1979) 117ff.

44 Vgl. z.B. zu Coing Duve (2012) 43–45; zu Landau Duve (2021a).

45 Grossi (1997) 26.

46 Grossi (2009b) 216.

47 Grossi (1996) 54: »fue un momento singular de sintonía – aún diré más: de colaboración – entre análisis teórico y análisis histórico, demostrando lo fructífero de una ciencia jurídica concebida unitariamente sin descomposiciónes antinatural entre ›historia‹ y ›dogma‹ , como desgraciadamente se decía durante un tiempo.«

48 Vgl. ausführlicher Duve (2021b); spanisch Duve (2022).

49 Duve (2020).

50 Vgl. Fontanelli (2011); Croce (2020).

51 Vgl. Buckel (2020).

52 Grossi (2009b) 218: »Was zählt, sind die Rechtsgewohnheiten, anders gesagt, die zeitlich wiederholten und anerkannten Tatsachen, ein unmittelbarer Ausdruck der Dinge selbst, die bestimmte Regeln für sich reklamieren.«

53 Grossi (1996) 75: »En un mundo tan privado de revestimientos forzados, el Derecho se distingue por su decisiva ›factualidad‹: lo que no quiere decir que nazca del hecho (esto sería una banalísima observación), sino sobre todo que el hecho mismo tiene aquí una carga lo suficientemente vital para poder proponerse, sin el concurso de intervenciones extrañas, sino con la única condición de mostrarse dotado de eficacia, como un hecho auténticamente normativo, revelando la innata capacidad de ser protagonista per se de los distintos ordenamientos, donde llega a ser fuente en sentido formal.«

54 Grossi (2010c) 228: »Y la interpretación/aplicación venía situada fuera del proceso de formación de la regula iuris, como si fuese un mero apéndice pasivo, mientras se resaltaba la entidad numinosa de un legislador absolutizado al nivel de una divinidad.«

55 Vgl. dazu z.B. einige Beiträge in Gutmann (2018).

56 Zur Problematik der Rechtsgeschichte der Moderne als Geschichte von Juristenrecht vgl. Duve (2021b); spanische Fassung Duve (2022).